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Interview mit Dr. Evelyn Lechner

18. Mai 2022, von Katharina Schlaffer

Ihr kennt sie wahrscheinlich schon – unsere Ärztliche Direktorin, Primaria Dr. Evelyn Lechner. Sie ist seit der ersten Stunde im kokon Rohrbach-Berg tätig. Im Interview erzählt sie euch von den Herausforderungen und den Erfolgen, die der Betrieb einer Kinder- und Jugendreha mit sich bringt.

Sie sind seit Beginn an Mitgestalterin der Kinder- und Jugendreha in Österreich. Was hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten gefordert?

Dr. Evelyn Lechner: Um ehrlich zu sein, an Herausforderungen mangelte es uns ja nicht gerade. Das Fachgebiet der Kinder- und Jugendreha ist äußerst komplex und mit der Reha für Erwachsene nicht zu vergleichen. Das beginnt mit der Tatsache, dass Erwachsene in der Regel den Reha-Platz nehmen, den sie bekommen. Bei Kindern, die begleitet werden müssen, gilt es ein ganzes Familiensystem mitzudenken und entsprechend zu organisieren. Hinzu kommt unsere große Indikationsvielfalt – allein in Rohrbach decken wir fünf umfassende Schwerpunkte ab. Auch die richtige Zusammenstellung von Peergroups ist bei Kindern und Jugendlichen viel wichtiger – ein Kleinkind und eine Teenagerin können schlicht nicht in der gleichen Therapiegruppe sein.

 

Krisen, allen voran die Corona-Pandemie – Stichwort psychische Belastung und Long Covid – erfordern auch eine ständige Leistungsanpassung bzw. -erweiterung. Wie gehen Sie damit um?

Dr. Evelyn Lechner: Da wir mit unserer Expertise in Österreich eine sehr junge Disziplin abdecken, leisten wir nicht nur permanente Aufbauarbeit, sondern befassen uns auch mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung dieses Fachgebietes. Das bezieht sich auf geplante Angebotserweiterungen wie auch auf nicht geplante aufgrund von Corona. Allen gemeinsam ist unser Anspruch, den aktuellen Bedürfnissen der jungen Menschen und ihrer Familien bestmöglich zu entsprechen. Das bereitet mir und dem gesamten Team sehr viel Freude, stellt aber natürlich auch eine Ressourcenfrage dar. Die letzten beiden Jahre haben uns auch intern sehr gefordert – wir mussten ja kurz nach unserer Eröffnung wegen der Pandemie für drei Monate zusperren. Gerade in der ersten, so wichtigen Phase der Teambildung gab es keinerlei Möglichkeit für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich besser kennenzulernen.

 

Was treibt Sie in Ihrer täglichen Arbeit am meisten an?

Dr. Evelyn Lechner: Zweifelsohne die Kindermedizin. Mir geht es darum, das Bestmögliche für die Kinder und Jugendlichen rauszuholen. Ich sehe mich als Fürsprecherin für junge Menschen. Ich war 25 Jahre lang Intensivmedizinerin, da ging es darum, Leben zu erhalten. Jetzt geht es darum, das Leben der Familien mitzugestalten.

 

Was nehmen Sie als größten Mehrwert einer speziellen stationären Reha für Kinder und Jugendliche wahr, welche Rückmeldungen erhalten Sie?

Dr. Evelyn Lechner: Das muss man differenziert betrachten, da die Reha-Ziele bei den verschiedenen Erkrankungen ganz unterschiedlich sind. Es gibt da die gut sichtbaren Erfolge, so wie kürzlich bei einem 14-jährigen Buben mit Gehirnhautentzündung. Anfangs bettlägerig, verließ er lediglich vier Wochen später unser Haus gehend. Oder eine 5-Jährige mit PIMS (einer Entzündungserkrankung, die nach Corona auftritt), die nicht allein stehen konnte, da ihre Muskeln zu schwach waren, und die nach wenigen Wochen wieder herumlaufen konnte. Aber auch persönliche Meilensteine der Kinder wie freies Radfahren können einen ungemein berühren, weil wir mit unserer Arbeit den Alltag der jungen Menschen maßgeblich verbessern.

Was braucht die Kinder- und Jugendreha Ihrer Meinung nach in Zukunft?

Dr. Evelyn Lechner: Bei der familienzentrierten Reha gibt es noch einiges zu tun, v. a. müssen die Begleitpersonen eine Freistellung mit Rechtsanspruch bekommen. Wir sind nämlich überzeugt, dass viele Kinder schlicht nicht auf Reha kommen können, weil der Urlaub bzw. Sonder- und Pflegeurlaub der Eltern bereits aufgebraucht ist.

 

Und was wünschen Sie sich ganz persönlich?

Dr. Evelyn Lechner: Ich wünsche mir, dass jedes chronisch kranke Kind, das Reha braucht, auch einen niederschwelligen Zugang dazu erhält. Dass die Herausforderungen unserer intensiven Arbeit von den Trägern und Sozialversicherungen ernst genommen werden. Und dass wir die Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen, um die Reha wirklich gut zu betreiben und laufend weiterzuentwickeln. Für meine Kolleginnen und Kollegen, allen voran in der Akutmedizin, wünsche ich mir mehr Bewusstsein darüber, was Reha zu leisten imstande ist. Praktisch jede Woche kommt ein Kind mit einer Erkrankung zu uns, die ich so noch nicht gesehen habe, vor allem im neurologischen Bereich. Diese große Vielfalt habe ich selbst auch unterschätzt.

Auch die Bedeutung unseres multiprofessionellen Teams war mir in dieser Tiefe, wie ich sie heute erleben darf, nicht bekannt – und diese möchte ich auch nicht mehr missen. Einmal in der Woche tauschen wir uns intensiv gemeinsam aus und besprechen, wie wir unsere Patientinnen und Patienten noch besser unterstützen können. Und jede Person, die mit jungen Menschen arbeitet, weiß, die beste Therapie vermag nur zu wirken, wenn wir einen Zugang zur Patientin, zum Patienten gefunden haben. Und das braucht einen großen Ideenreichtum – da lernt man auch selbst ungemein viel dazu. Ich habe mir hier schon viel von meinen Kolleginnen und Kollegen abgeschaut.